Gefällt nicht mehr so gut 

10.04.2014  ·  Lange war Facebook ein Paradies für Marketingleute: Warum viel Geld für Werbespots ausgeben, wenn man die Zielgruppe im Internet fast kostenlos erreicht? Doch die Rechnung geht nicht mehr auf. Aus dem „Freund“ Facebook wird ein Feind.

Für Marketingleute war Facebook lange Zeit das Paradies: Warum viel Geld für Fernsehspots und Printanzeigen ausgeben, wenn sich die Zielgruppe im Internet so gut wie kostenlos erreichen lässt? Einfach eine Unternehmensseite auf Facebook einrichten und die Nutzer des sozialen Netzwerks zum „Liken“ animieren – fortan bekamen diese die neuesten Meldungen des Unternehmens mit großer Wahrscheinlichkeit in ihrem persönlichen Nachrichtenticker angezeigt. Es soll Unternehmen geben, die auf Facebook mit einem Einsatz von weniger als 1000 Euro im Monat Markenpflege betreiben. Ein ordentlich gemachter Fernsehspot schlägt dagegen allein in der Herstellung schnell mit einer Viertelmillion Euro zu Buche.

Doch so langsam dämmert den Unternehmen, dass es die vielbeschworene „Gratisreichweite“ auf Facebook gar nicht gibt. Ihre Beiträge erreichen bei weitem nicht mehr alle Nutzer, die irgendwann mal auf den blauen „Gefällt mir“-Daumen geklickt haben, sondern nur noch einen kleinen Teil der Fangemeinde. Konkret: Sechs von 100 Anhängern, so der statistische Durchschnitt, den die Werbeagentur Ogilvy kürzlich in einer breit angelegten Untersuchung ausgerechnet hat. Im Vergleich zum Oktober vergangenen Jahres hat sich die Reichweite damit halbiert. Kein Wunder, dass die Agenturpropheten schon das Zeitalter von „Facebook Zero“ ausrufen: Nicht mehr lange, und die Botschaften der Unternehmen würden gänzlich ungelesen in der virtuellen Welt verpuffen.

 

Für die Menschen gemacht, nicht für die Marken

Man kann Facebook vorwerfen, dass es durch diese Art der Selektion seine Werbeerlöse, die Haupteinnahmequelle des Unternehmens, bewusst nach oben treibt. Das ist die Haltung, die in Marketingkreisen gerade überwiegt; von einem regelrechten „Abkassieren“ ist die Rede. Man müsse aber auch den Unternehmen vorwerfen, dass ihre vielen „Schönes Wetter draußen, wer will eine Kaffeetasse gewinnen“-Beiträge reichlich einfallslos sind und offenbar weitaus weniger Menschen begeistern, als es die imposanten Fanzahlen vermuten lassen.

Das ist die Meinung, die Wolf Ingomar Faecks vertritt, der Präsident des GWA, in dem die führenden deutschen Werbeagenturen versammelt sind. Zu viele Unternehmen kommunizierten auf Facebook immer noch nach dem Motto: „Ich werfe da etwas rein und vertraue darauf, dass es schon gesehen wird.“ Der Chef der Digitalagentur Sapient Nitro sieht darin ein Zeichen von Ignoranz. Und auch auf Seite der Unternehmen, im Markenverband, hat man, wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand, durchaus Verständnis dafür, dass Facebook seine Nutzer mit den für sie mutmaßlich interessantesten Nachrichten versorgen will – und die Absender von Werbebotschaften im Zweifelsfall an die Anzeigenabteilung verweist.

„Mark Zuckerberg hat Facebook für die Menschen gemacht, nicht für die Marken“, sagt Faecks. Letztere müssten sich jetzt entscheiden, ob sie mit den Nutzern wirklich kommunizieren oder eben doch schlicht Werbedruck erzeugen wollten.

Quelle: Frankfurter Allgemeine

Kategorien: Presse

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