Erstellt: 31.03.2023, 09:00 Uhr

Mit seinen Auftritten in Dreieich, besonders denen bei den Burgfestspielen, verbindet Eckart von Hirschhausen schöne Live-Erinnerungen, wie er sagt. Deshalb musste der 55-Jährige auch nicht lange überlegen, an welchem Ort er seine Bühnenkarriere beenden wollte. Zitat: „Aller guten Dinge sind Dreieich!“ Im Interview spricht von Hirschhausen über die Gründe seines Rückzugs und worauf er sich künftig konzentrieren möchte.

Herr von Hirschhausen, mit ihrem Programm „Endlich“ setzen Sie einen Schlusspunkt. Was hat Sie bewogen, Tschüss zu sagen?

Ich stehe seit 30 Jahren auf der Bühne. Es gibt keinen Ort, wo ich freier oder glücklicher bin. Ich glaube auch, es ist das Beste, was ich kann. Aber – ich habe mich verändert. Ich bin nicht mehr derselbe wie noch vor zehn Jahren – und die Welt ist es auch nicht. Wir haben einen planetaren Notfall. Sich darum nicht zu kümmern wäre unterlassene Hilfeleistung. Ich fühle mich als Arzt herausgefordert, den größten Beitrag zu leisten, um Mensch und Erde gesund zu halten. Und der Platz hierfür ist meine Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde Menschen“, die Arbeit zur Klimakommunikation, die Netzwerkarbeit hinter den Kulissen und die Vorträge für Unternehmen und Kongresse, damit viel mehr Menschen verstehen, dass unser aller Lebensgrundlagen auf dem Spiel stehen und jeder etwas beitragen kann zur Lösung.

Inwieweit war die Wahl des Programms über das endliche Leben zugleich schon ein Vorbote für Ihren Abschied von der Live-Bühne?

Als ich mit den Arbeiten zu „Endlich!“ begann, hätte ich nicht gedacht, dass es mein letztes Bühnenprogramm sein würde. Umso treffender sind Inhalt und Titel jetzt für den Schlusspunkt hinter insgesamt sechs Bühnenprogramme. Wie heißt es so schön: Leben kann man nur vorwärts. Verstehen kann man es nur rückwärts. Und wenn das Leben endlich ist – wann fangen wir endlich an zu leben?

In dem Begleittext zum Programm sagen Sie, dass Sie auf der Bühne in ihrem Element und Live-Auftritte ihr Lebenselixier seien. Zu welcher Rezeptur wollen Sie künftig greifen, um Ihre biologische Uhr wieder aufzuziehen?

Ich bin ein sehr neugieriger Mensch, das treibt mich an und gibt mir sehr viel zurück. Das Leben ist eine Entdeckungsreise und ein Abenteuer. Und ich stürze mich gerade in das größte Abenteuer vielleicht, was wir alle noch vor uns haben. Ich kann nur hoffen, dass ich damit nicht alleine bin.

Mit dem Klimaschutz legen Sie ihren Fokus auf einen Patienten, der am Tropf hängt. Sehen Sie sich da als Notarzt oder eher als Palliativmediziner?

Hoffentlich weder das eine noch das andere. Es gibt ein Zeitfenster von wenigen Jahren, in dem wir entscheiden können, ob wir dauerhaft und unwiderruflich das Erdsystem überhitzen oder eine enkeltaugliche Welt erschaffen. Diesem Ziel gilt meine oberste Priorität.

MEINE NEWS

Eine Mission, in der es um uns alle geht. Was konkret haben Sie vor zu tun?

Wissenschaft allein verändert kein Verhalten und führt nicht zu den politischen Entscheidungen, die jetzt notwendig sind, um die Not zu wenden. Mit meiner Stiftung möchte ich dazu beitragen, dass diese notwendige Transformation von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft neuen Schwung bekommt. Dazu brauchen wir einen frischen „Spirit“ – überparteilich, kooperativ, generationsübergreifend und mit ansteckend guter Laune.

Gesunde Menschen gibt es nur auf einem gesunden Planeten. Und dafür brauchen wir radikale Änderungen in der Art und Weise, um zukunftsfähig und enkeltauglich zu leben.

Lachen ist die beste Medizin

Benjamin Halberstadt bringt es auf den Punkt: „Das Bühnenende von Eckart von Hirschhausen ist für uns irgendwie ein komisches Gefühl“, sagt der Chef der Bürgerhäuser Dreieich zum letzten Auftritt des Multitalents. Der Arzt und Komiker, Wissenschaftsjournalist, Entertainer und Buchautor hat am Mittwochabend im Bürgerhaus ein Kapitel seiner Laufbahn zugeschlagen. Er will seine Kraft fürderhin in den Schutz des Klimas stecken. Mehr als zweieinhalb Stunden lang gibt von Hirschhausen noch einmal alles und hält, was er zuvor angekündigt hatte: Er bringt die Menschen zum Schmunzeln und Lachen. Das ist für den 55-jährigen gebürtigen Neu-Isenburger noch immer die beste Medizin. Aber auch den tiefsinnigen Grübeleien lässt er gebührend Raum. „Endlich“ hat von Hirschhausen sein letztes Programm betitelt. Es ist bestückt mit Botschaften, die für das Ziel seines künftigen Wirkens stehen. Er lässt auch den Fleischkonsum anklingen, der in unseren Zeiten Omas legendären Sonntagsbraten längst zum Beifang deklariert hat. Sein Rezept, dem er all die verbrieften Fakten nonchalant vorausschickt: Künftig sollte jeder beim Kauf von einem Kilo Fleisch einen 20-Liter-Eimer Gülle dazubekommen, denn die gehöre nun mal zur Produktion des Fleisches dazu. Hirschhausen blickt zudem auf das eigene Altern und empfiehlt Männern jenseits der 50, die Basecap im Schrank zu lassen. Er zeigt sich milde gegenüber menschlichen Schwächen und hat fünf Prämissen, die sich wie ein roter Faden durch den Abend ziehen: nicht rauchen, bewusst essen, reichlich bewegen, erwachsen werden und Kind bleiben. Dieses letzte Bühnenprogramm ist, wie Halberstadt viele vorausgegangene erlebt hat: „Jedes Mal sehr tolle Auftritte mit viel Inhalt und Nachhall.“ Und die 650 Gäste im Bürgerhaus werden diese Begegnung mit von Hirschhausen noch weit über den Heimweg hinaus im Gedächtnis behalten etwa bei der Liebeserklärung an seine Frau nach John Denvers „Leaving on a jet plane“, wobei das Flugzeug zum Zug wird, oder dem gemeinsam gesungenen „What a wonderful world“ von Louis Armstrong. Klaus Kühlewind op-online

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